Sonntag, 23. Mai 2010

Was Sie noch niemals über Slasherinnen wissen wollten ...

Was Sie noch niemals über Slasherinnen wissen wollten und auch jetzt nicht zu fragen wagen
Aus dem schonungslosen Offenbarungsbericht 'Maja - Geschichte einer Slasherin' die erste und absolut authentische Leseprobe:


Achtung - unsterbliches Werk - ich hab doch deutlich gewarnt - copyright: aavaa verlag (aber ich bin mir ziemlich sicher, Auszüge posten zu dürfen ... und wenn nicht - verklagt mich doch ...)

*

Diese Beleidigung meiner Lieblings-TV-Serie konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen und holte bereits Luft zum Gegenschlag, als sich Xavers Stirn auf einmal in Falten verzog. Sein Gesicht nahm den Ausdruck an, den ich nur aus Momenten kannte, in denen er über seinen Textaufgaben brütete.
„Also“, sagte er langsam und betont. „Du hast nicht nur Menschen aus fremden Ländern gesehen, sondern auch noch geheimnisvolle Sicherheitskräfte. Und du fürchtest, sie könnten etwas mit dir zu tun haben.“
„Es tut mir leid“, murmelte ich kleinlaut.
„Das sollte es auch. „Sein strafender Blick traf mich erbarmungslos. “Entweder dreht deine Phantasie völlig mit dir durch und du siehst Gespenster…“ Er stockte. „Mehr Gespenster als gewöhnlich.“ Eine seiner Augenbrauen wanderte in die Höhe. „Oder finstere Mächte suchen dich heim, um Rache zu nehmen für deine Internet-Untaten.“
Ich schluckte, doch wehrte ich mich. „Das sind keine Untaten. Das ist Befreiung und… und Befreiung eben…“
„Wehe, wenn sie losgelassen…“, stöhnte Xaver wieder. „Ehrlich. Ich hab keine Ahnung, was du meinst, aber offensichtlich musst du schleunigst damit aufhören.“ Hoffnung flackerte in seinem Blick. „Und etwas Vernünftiges tun. Etwas Sinnvolles. Etwas, das ich auch in der Schule erzählen kann.“ Er schob die Unterlippe vor, und ein hysterisches Kichern brach sich aus mir Bahn.
„Es tut mir leid“, wiederholte ich und knuffte ihn in die Seite. „Ich reiß mich zusammen.“ Ich überlegte. „Das bedeutet, ich werde erst einmal darüber schreiben.“ Erleichtert atmete ich auf, froh eine momentane Lösung entdeckt zu haben.
„Na doll“, grummelte der Junge in sich hinein und wühlte in seiner Schultasche. Doch kaum hatte er seinen Gameboy in den Fingern, ließ ihn ein Aufschrei seiner Mutter zusammenzucken.
„Verdammt.“ Der Bildschirm flackerte, doch das war nicht die Ursache meines Unmutes. Obwohl mein Sorgenkind, der Computer sich wie üblich mühsam und lautstark aus seinem Schönheitsschlaf aufrappelte, sich stotternd einige Momente weigerte und zierte, so ließ er sich doch eigentlich rasch und problemlos hochfahren und ermöglichte mir den Zugang zu der Welt, die mein ein und alles war. Doch mein Fluch hatte einen Grund und der lag nicht nur in der überquellenden Mailbox.
Ein schlechtes Zeichen, fürwahr. Ließ ich doch die zahlreichen Kommentare zu meinen Werken nicht mehr direkt in meinen Briefkasten senden, sondern bemühte mich, die Korrespondenzen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Ein Zugeständnis, das dem kreativen Genius erlaubt werden sollte. Ein Zugeständnis, das vielleicht mein Ego weniger streichelte, da ich weniger Feedback, weniger Lob und Ermunterung seitens abhängiger Leser erhielt. Aber das Opfer war eine Notwendigkeit, hemmte doch jede Zeitverschwendung den Fluss des Schaffens. Ergo war es kein Wunder, dass ich beim ungewohnten Anblick der Anzahl von Nachrichten erschrak. Noch weniger verwunderlich war es, dass ich in regelrechte Panik geriet, als sich mir die Absender jener Nachrichten offenbarten. Das Unheil ließ sich zwar nicht auf eine Person zurückführen, jedoch auf die Bewegung, deren Wort- und Rädelsführer diese Person war. Wie um alles in der Welt war sie an meine E-Mail Adresse geraten? Womit in aller Welt hatte ich das verdient.
Schon seit geraumer Zeit machte sie mir das Leben schwer, verwässerten ihre penibel ausgedrückten, vernichtend konservativen Kommentare meinen Lesern den Kunstgenuss. Schon seit geraumer Zeit kämpften meine Online Anhänger auf virtuellem Grunde gegen die giftigen Säuren, die sich den Weg durch ihren Netzanschluss in die unschuldige Gemeinschaft der Freunde romantischer Literatur bahnten.
Natürlich war es eben diese Romantik, die dieser Dame ein Dorn im Auge war. Diese Romantik, die ihrem verknöcherten Gemüt den Brechreiz entlockte, dem sie verbalen Ausdruck verlieh.
Doris van Karnten, extremistisches Fangirl der Jahrtausendserie ‚Agents on Fire‘. Sie leitete nicht nur einen Fanclub, sondern gleich mehrere. Sie organisierte Foren, Conventions, Petitionen und Aktionen verschiedenster Färbungen und Ziele. Sie betrieb einen Fanshop, produzierte Briefpapier, Ansichtskarten, Wallpaper und Banner mit den Helden des kleinen Bildschirms.
Mit meinem Helden, dem blonden Star der Serie: Finn Cackleford. Ich will nicht behaupten, dass ich ihn mehr liebte, als sie es tat. Ich will auch nicht behaupten, dass ich das einzig wahre Recht auf die Auffassung des Charakters besaß, den er so gekonnt und genial verkörperte. Ich behaupte allerdings, dass mir das Recht zusteht, meine Auffassung der Dinge zu veröffentlichen, gleichgesinnten Seelen so die Möglichkeit zu verschaffen, ein Forum für ihre einsamen Fantasien zu entdecken, sich nicht alleine zu fühlen mit dem, was sich im tiefsten Inneren ihrer Seele, in den verbotenen, verschlossenen Kerkern versteckte.
War es denn falsch zu träumen? War es falsch von Romantik zu träumen in einer Welt, die so vollkommen frei von Romantik ist? Und diese Welt war frei von Romantik. Es war die harte Welt der Geheimdienste. Eine knallharte Welt, dominiert von Gewalt und Hass. War es nicht umso entzückender, ausgerechnet in dieser Welt die zarte Pflanze der Liebe erblühen zu lassen, zwei Seelen zu vereinen, die so verschieden, so weit voneinander entfernt und doch so nah waren.
Natürlich, sie waren beide Kollegen, meine Agenten. Ein Job, eine Berufung, ein Ideal. Und sie beide waren Männer. Zwei Männer, die sich liebten.
Natürlich nicht in der Serie. Nicht auszudenken in einer amerikanischen Mainstream Produktion. Nicht auszudenken, eine Idee wie diese der texanischen Landbevölkerung zuzumuten.
Aber hier, im freien Europa, in einem freien Land, in der freien Phantasiewelt einer Frau? Nein, nicht einer Frau alleine. Tausende teilten meine Vision. Tausende sahen in dem wöchentlichen Geplänkel, den Macho-artigen Streitereien unter tapferen Kriegern gegen das Böse, nur ein Vorspiel für etwas Größeres, etwas Wahrhaftiges, für die echte Liebe, wie sie es nur zwischen zwei gleichgestellten Kerlen geben kann. Kämpfend um Dominanz, kämpfend um die Macht, kämpfend für ein abstraktes Ziel, das sensible Gemüter kaum interessierte. Der Kampf dagegen, erschwert durch persönliche Schicksalsschläge, Dramen und Seelenqualen – er konnte nur zu einer Lösung, zu einem Höhepunkt führen. Zu der absoluten Hingabe an den einzigen Menschen, der Halt und Stütze gewährleisten konnte. Und in Finn Cacklefords Welt, besser gesagt, in der seines Charakters, konnte es das Ersehnte nur in einem Menschen geben. In dem großen, dunkel gelockten Angelo Multobene, seinen Partner, seinen Mitstreiter, seiner Deckung.
Und in den Gefilden der Slash-Literatur, seines Geliebten.
Heimlich lasen sie es; heimliche Leidenschaften flammten auf bei der Vorstellung der beiden ach so männlichen Figuren, im immerwährenden Clinch. Ungebrochen seelisch und körperlich verstrickt in immerwährender Umschlingung der heißen Leiber, vereint in dem ewigen Tanz, suchend nach Ekstase, verlangend nach Erfüllung, wissend um die Unmöglichkeit ihres Begehrens.
Slash macht frei. Der Slash verschönert den grauen Alltag, Slash hält Existenzen wie die meine am Leben. Slash vertreibt die Langeweile und die Enttäuschung. Er öffnet Pforten, enthüllt Geheimnisse, erlaubt Entdeckungen. Der Slash ist die Krone der Fanliteratur.
Doch dann gab es sie. Menschen, anonyme Gesichter, die es nicht ertragen konnten, wenn ihre Helden anders handelten, anders liebten, als es in ihrer verklemmten Gemütswelt möglich sein durfte. Selbst wenn es nur in der Phantasie einer einzelnen Person geschah. Und all diese gesichtslosen Menschen kumulierten in einer Figur, Doris van Karnten. Doris, weizenblond gefärbt, hager von Gestalt, besessen von der Reinheit des heldenhaften Agenten. Besessen von der selbstgewählten Aufgabe, die Beschmutzer jener Reinheit bloßzustellen, sich an ihnen zu rächen, sie zu vernichten.
Und vor allen anderen, die die Welt anders sahen als sie selbst, hatte sie mich auf ihrem Kieker. Vielleicht, weil ich deutsch schrieb und sie daher wohl eher zufällig auf meine beleidigenden Geschichten gestoßen war. Vielleicht, weil ich die Einzige war, die es wagte, auch in unserer so kalten, harten Muttersprache die Charaktere der Serie auszuleihen, um sie unmenschlichen Torturen zu unterziehen. Vielleicht auch nur, weil ich es war, weil ich für sie erreichbar war, weil sie mich gefunden hatte. Weil sie mich jetzt gefunden hatte. Es musste etwas zu tun haben mit dieser ID, IP Nummer, die hin und wieder und vollkommen unverständlich für technisch und logisch unbegabte Geister wie mich erwähnt wird. Ich wusste, dass ich mehr Vorsicht hätte walten lassen sollen, dass eine erfundene Identität, ein abgedrehter Künstlername einfach nicht ausreichte. Grob fahrlässig, so hatte ich gehandelt, anders ließ es sich nicht erklären.
Ich starrte auf die Absender. Sie war es. Unverkennbar ihre Mailadresse. Unverkennbar der Account ihrer Fangemeinschaft. Es war… all diese Hasstiraden trugen ihre Handschrift. Es reichte aus, die Betreffzeilen zu lesen, um sich dessen klar zu werden. Es reichte, sich ein wenig in den Gebieten, in den Räumen der Fangemeinschaften herumgetrieben zu haben. Und ihre Anhänger hatten es ihr gleichgetan. Mein Briefkasten quoll über. Mein Geheimnis war gelüftet.
Trotz des Pseudonyms, unter dem ich schrieb, trotz der Vorsichtsmaßnahmen, die ich so gewissenhaft getroffen hatte, war meine Anschrift durchgesickert.
Ein beängstigender Verdacht breitete sich in mir aus. Mein Kopf fuhr herum, und ich starrte Xaver erschrocken an. Er blickte zurück, mindestens ebenso verwirrt, doch glücklicherweise noch ohne den Ernst der Lage zu erkennen. Glückliches Kind.
Ich stürmte an ihm vorbei. Ich riss die Tür auf. Zu spät kam mir die Unvorsichtigkeit dieser Handlung zu Bewusstsein. Doch noch spielte diese keine Rolle. Niemand bedrohte mich. Noch nicht. Niemand mit Ausnahme der Papiere, der Massen von Papieren, die aus dem Briefkasten neben der Tür quollen. Niemand außer den zahllosen Briefen, die verziert mit Totenköpfen und gestempelt mit Galgenmännchen und abstrakten Zeichnungen von tödlichen Waffen, eine eindeutige Botschaft des Inhalts lieferten, den anzusehen, ich nicht mehr den Nerv hatte.
Automatisch, als könnte ich mich nicht zurückhalten, als wollte ich mich selbst quälen, griff ich mit beiden Händen in die weiße Flut, packte, wessen ich habhaft werden konnte, und zog mich mit dem letzten Aufflackern der einstigen Selbstkontrolle wieder zurück in den Schutz der Wohnung.
Xaver starrte mich mit großen Augen an, und ich konnte es ihm nicht verdenken.
„Was… was ist denn los?“, stammelte er, auf einmal nicht mehr der junge Mann, der er so gerne wäre, sondern das unsichere Kind, das dem in mir verborgenen so ähnlich war.
Erst jetzt merkte ich, dass ich zitterte. „N… nichts…“, stotterte ich und versteckte die Briefe hinter meinem Rücken.
Doch Xaver war nicht umsonst in diversen für mich unverständlichen Ballsportarten zuhause. Obwohl ich alles getan hatte, um ihm beizubringen, dass Sport Mord sei und jede Bewegung unweigerlich zum Ende aller Lebenskraft führte, war es ihm doch gelungen, sich die Tricks der Sportler zu eigen zu machen, die ihren Ball aus der Hand des Gegners zaubern konnten, ohne, dass es besondere Anstrengung kostete. Natürlich konnte ich mich selbst auch nicht als ernsthaften Gegner bezeichnen. Demnach war es eigentlich kein Wunder, dass er mir die Handvoll Papiere entwinden konnte, bevor ich überhaupt etwas davon bemerkte. Jedoch seinen Gesichtsausdruck bemerkte ich sehr wohl.
„Was zum Teufel…?“
Er sah mich an. „Stirb du Schlampe!“
„Wie bitte?“ Ich merkte, wie ich rot anlief.
„Na… steht da.“ Er wies mit ausgestrecktem Zeigefinger auf einen Umschlag, dessen rote Flecken bei genauerem Hinsehen, als kunstvoll verschnörkelte Blutstropfen zu erkennen waren.
Die Farbe wich wieder aus meinem Gesicht und ich spürte, wie meine Knie schwach wurden.
„Das… das ist bestimmt nur ein Scherz.“
„Ach ja?“ Xaver hielt mir einen grimmigen Totenkopf entgegen.
„Der hier auch?“ Er schüttelte den Kopf.
„Mensch, Mama. Diesmal hast du dir aber wirklich Feinde gemacht.“
„Ich weiß doch auch nicht, wie die an meine Adresse gekommen sind… ich… ich kann nichts dafür.“
Der kühl wissende Gesichtsausdruck Xavers belehrte mich eines Besseren.
„Und mir sagen, ich solle die Verantwortung für meine Fehler übernehmen. Pah!“
„Das… ich hab keine Fehler gemacht“, versuchte ich meine angekratzte Autorität wieder aufzurichten.
Xander lachte blechern. „Nein, nur Millionen anständiger, harmloser Krimifans so gekonnt vor den Kopf gestoßen, dass ihnen nichts Besseres einfällt, als dein Leben zu bedrohen.“
„Die… die bedrohen mich doch nicht… das können die doch nicht.“
„Also ich bezweifle das.“ Xaver ließ die Umschläge zu Boden flattern und durchquerte rasch den Raum, um sich über den Monitor zu beugen.
Ein Klick. „Und was ist das?“, schnappte er und begann zu buchstabieren, stoppte jedoch abrupt, als ihm die Bedeutung des Wortes aufging. Er lief rot an und das sollte wahrhaftig etwas bedeuten. War mein Söhnchen doch kein unbeschriebenes Blatt, wenn es darum ging, die Tiefen des Wortschatzes auszuloten. Ich selbst zog es vor, meinen Blick vom Monitor abzulenken und geflissentlich auf das Finn Cackleford Poster zu starren, das ich über dem Fernseher befestigt hatte. Es war das, auf dem er in lässig cooler Pose gegen einen Pferdezaun lehnte, im Einklang mit Natur und Weite der Landschaft. Ein Bild, das ich als gute Mutter also auch meinem Sohn zumuten konnte, ohne ihn fürs Leben zu schädigen.
Die Promo-Poster, auf denen Finn mit gezogener Pistole über Häuserdächer sprang, oder in schusssichere Weste gekleidet mit einem Messer zwischen den Zähnen und einer blutenden Wunde auf der Stirn, sich heldenhaft vor seinen bedrohten Partner warf, hatte ich wohlweislich in den Schrankinnentüren angebracht. Kam ja gar nicht in Frage, dass meine Begeisterung irgendwelche seltsam erscheinenden Züge annahm. Davon, einen Altar aus Zeitungsschnipseln zu basteln, war ich noch weit entfernt. So hoffte ich zumindest.
„Mama… hey!“ Xavers Finger schnippten knapp vor meinem Gesicht und weckten mich aus meiner Trance.
„Was… was ist denn los?“
„Was los ist?“ Xaver raufte sich die ohnehin schon struppigen Haare. „Was los ist?“, wiederholte er schrill. „Los ist, dass Wahnsinnige aus der Anstalt ausgebrochen sind und dir nun auflauern. Du hast nicht nur Indianer beleidigt, sondern auch noch ‚Agents on Fire‘–Fans.“
Ich verzieh ihm die aus einem momentanen Schock heraus geborene politische Unkorrektheit. „Was für eine Anstalt?“ Immerhin fand ich mich langsam wieder zurecht und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hier gilt immer noch die Meinungsfreiheit… gerade im Internet.“
„Das denkst du vielleicht“, protestierte Xaver. „Aber du bist auch die Einzige, die es wagt, die Grenzen des guten Geschmackes wieder und wieder zu überschreiten und die Empfindsamkeit fremder Kulturen mit Füßen zu treten.“
„Amerikanische Ureinwohner hatten keine Angst vor Homosexualität“, warf ich ein und bereute mal wieder, dass ich meinem Sohn von Anfang an beigebracht hatte, auch rhetorisch seinen Mann zu stehen. Eigentlich hatte ich ihn schon in der Wiege ohne Punkt und Komma zugetextet. Er hatte keine andere Wahl, als sich so schnell wie möglich mit den Waffen, die ich ihm in die Hand gegeben hatte, zur Wehr zu setzen.
„Ganz im Gegenteil.“ Ich setzte zu einem Vortrag an. „Krieger zogen Stärke daraus, in der Nacht vor der Schlacht bei einem Mann zu liegen, der…“
Xaver hielt sich verzweifelt die Ohren zu. „Ich weiß, ich weiß. Und ich will es gar nicht wissen“, jammerte er gequält.
„Aber das ist doch das Schlimme“, fuhr ich enthusiastisch fort. Was sonst sollte ich auch tun, als mich auf vertrautem Gelände von der aktuellen Bedrohung fortzubewegen. „Das Schlimme, wenn sogar ihr jungen Leute eine solche Angst und Scham empfindet, wenn ihr nur das Wort schwul…“
„Lalalala…“ Xaver presste seine Hände nur noch fester gegen seinen Kopf und verdrehte die Augen. „Hab doch Erbarmen, Mama. Nicht jeder will von morgens bis abends nur über Das Eine sprechen.“
„Aber…“
Ein flehender Blick brachte meine Überzeugung ins Wanken, und ich beschloss, den Aufklärungsunterricht auf einen anderen Tag zu verschieben. Am Besten auf einen Tag, an dem ich nicht das Gefühl haben musste, eingekesselt von meinen Feinden im Inneren einer abgeschotteten Schlucht auf den Einmarsch der Armee zu warten. Einer Armee, die ausgezogen war, meine Person und alle Spuren ihrer Existenz von der Bildfläche zu wischen.
„Ist ja gut.“ Ich tätschelte ungelenk sein wirres Haar. „Ich bin schon still.“
Xaver ließ die Hände herabsinken und grinste schief. „Noch mal davon gekommen“, murmelte er und machte eine ungenaue Handbewegung, die sowohl die Briefe, als auch den Computer, sowie alles, was sich vor der Wohnungstür befand, einschloss. „Und was machen mir damit?“
Ich presste die Lippen zusammen und senkte den Kopf.
Rational denken, das war jetzt wichtig. Gut, Doris war eine Verrückte, doch wie weit würde sie wirklich gehen. Und wie viel von all dem ging letztendlich auf ihr Konto? Schließlich waren da noch die Indianer, die amerikanischen Ureinwohner, verbesserte ich mich im Stillen. Es war einfach traurig, dass sich alte Gewohnheiten und Ausdrücke so schwer abgewöhnen ließen.
Wie groß war die Gefahr wirklich? Und inwieweit war Xaver betroffen? Der Gedanke bohrte sich heiß in meine Eingeweide. Dass ich daran nicht früher gedacht hatte. Egal welchen Gefahren ich mich für meine Ideale aussetzen würde, es war alles andere als fair, meinen Jungen mit hinein zu ziehen.
Xavers Augenbrauen hatten sich prüfend zusammengezogen. Seine braunen Augen musterten mich aufmerksam.
„Mama? Was brütest du jetzt schon wieder aus“, fragte er argwöhnisch.
„Nichts, nichts“, beeilte ich mich zu versichern. „Ich brüte nichts aus, das würde ich nie.“
„Natürlich.“ Xaver rieb sich die Stirn. „Also was… von nun an immer auf der Flucht?“ Er sah sich um. „Ich meine, wir können nicht leugnen, dass das Ganze etwas unschön Bedrohliches annimmt.“
„Auf der Flucht? Wie meinst du das?“, erkundigte ich mich, das Schlimmste befürchtend.
„Na der Film“, stöhnte Xaver auf. „Immer auf der Flucht vor der Fangemeinde deiner Serie?“
„Ha!“ Ich versuchte spöttisch zu klingen, doch heraus kam lediglich ein erbärmlich weinerlicher Laut, der zudem noch halb in meinem Halse stecken blieb. Es würde doch nicht das erforderlich sein, wovor ich mich am meisten fürchtete? Es würde doch nicht…

*

Cancel-Wahn und Twilight

oder - wo sind meine Serien geblieben?
Viele, viele Spoiler von Twilight über Heroes bis Numb3rs oder 24.


Wie es euch gefällt …
So zumindest gefällt es mir nicht. Wahrscheinlich habe ich hin und wieder bereits erwähnt, dass es sich bei dem Leben um ein Jammertal handelt. Allerdings wusste ich damals nicht, dass es noch weitaus schlimmer kommen konnte.
Um es kurz zu machen: Alles wurde gecancelt und Twilight treibt mich die Wände hoch.
Der Schmerz begann mit dem Absägen von 24, jetzt folgte Heroes und um mir alles, aber auch alles zu nehmen, versickert nun auch Numb3rs sang und klanglos in der Fernsehgeschichte.
Das war das mit den wöchentlichen Kicks und der Freude am Leben. Denn Alternativen sind dünn gesät.
Mit Supernatural habe ich es wirklich versucht, aber bis jetzt gehört die Serie noch zu denen, die mir zwar gefallen, aber dafür auch sofort entfallen. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Die Vampire Diaries wirken ähnlich, was wohl auch daran liegen könnte, dass ich mir letztendlich doch eine Serie für Erwachsene wünsche.
Heroes war ja schon hart an der Grenze, aber wenigstens gab man uns Angela, Noah und Nathan. Numb3rs erfreut mit Alan, Larry und Don. Jack ist auch nicht mehr der Jüngste.
Dagegen sind die Supernatural-Jungs wirklich niedlich, aber eben Kinder. Und dann - nicht einmal dunkelhaarig – was vermutlich ihr größtes Problem darstellt.
Ganz abgesehen von Deans Frisur? Im Ernst, wieso muss er sich sein hübsches Haar so abratzen? Ich erinnere mich da an Dark Angel oder andere Verbrechen, in denen er sich dem ultimativen Ziel, zu meiner persönlichen Augenweide zu mutieren, schon eher annäherte.
Aber jetzt das. Und sosehr ich auch grabe, der Schauspieler meiner Träume macht sich erfolgreich unsichtbar.
Gehen wir sie einige durch, die sich noch hin und wieder ins Rampenlicht getrauen:
Horatio gewinnt mit den Jahren an geradezu nervtötender Coolness. Im Ernst, das hält keiner mehr aus. Flankiert von Gestalten, die direkt diversen Barbie-Puppen-Verpackungen entsprungen scheinen und orange angeleuchtet, mutet er dem armen Zuschauer schon einiges zu.
House – Entschuldigung – aber mit dieser Kopfrasur kann ich ihn nicht mehr ernst nehmen.
Monk – eingestellt. Ob einfach nur unterbrochen, oder ob uns noch fehlende Folgen ins Land stehen, meine Nerven sind zu zerrüttet, um weitere Nachforschungen anzustellen.
Lie to me – ein Highlight und Tim Roth ein ernsthafter Heiratskandidat.
Nicht dass ich immer noch davon besessen wäre, einen Seriencharakter aus weißem Rauschen zu erschaffen und mit Hilfe der durch die Klimaerwärmung ständig einschlagenden Blitze am Leben zu erhalten.
Ich bin schließlich nicht verrückt.
Und wie auch immer – Cal Lightman ist mir fast ein wenig zu gemütlich, schnuckelig, aber nett. Er passt zu Peter Bishop.
Bones – witzig, aber kein Material für mich.
Bleibt Fringe, und das liebe ich wirklich über alles. Aber nichtsdestotrotz bin ich nicht bereit, Walter zu verslashen. Der arme Kerl hat genug durchgemacht. Und Peter ist auch wieder so ein Bübchen. Niedlich, sicher, aber in dieser Serie gewinnt Olivia den Preis für den heißesten Darsteller.
Obwohl ich einst plante, Peter und Charlie zusammenzubringen, doch dann nahmen sie mir Charlie weg, diese komischen Leute aus anderen Dimensionen mit ihren eingefrorenen Köpfen.
Ernsthaft – mir fehlt der Slash. Die Salvatores haben was, aber sie laufen natürlich zur Zeit nicht. Keine Nahrung für meine Obsession, keine Zeit, um mich auf die Suche nach langen, aufwühlenden Fanfictions zu begeben.
Im Supernatural Universe hätte ich vielleicht eine Chance, aber ich schaffe es nicht, mich hineinzubegeben. Davon abgesehen, dass wir immer noch ein paar Staffeln im Rückstand sind, ich keinen Nerv habe, mir die Folgen im Original anzusehen und ebenso wenig vorhabe, mich zusätzlich zu verwirren.
In Boston Legal wurde thematisiert, dass ein ernsthafter Mangel an TV-Programm für Senioren besteht. Wohl war. Und ich bin noch gar kein Senior. Also … ich … ähm … weigere mich … zumindest … also bin nicht … es zuzugeben.
Aber im Ernst. Kann man nicht eine interessante Serie basteln, die bitte kein öder Krimi ist, und die wenigen Menschen, die das – sagen wir mal - dreißigste Lebensjahr schon überschritten haben mit altersgemäßem Stoff versorgen? Ohne Schule und Cheerleader?
Was hab ich mich gefreut über Jeff Goldblum in Criminal Intent. Jeff ist genial, ein Traum – nicht zu vergessen – dunkelhaarig. Sein Charakter interessant, die Augen hypnotisch, die Folgen – werden bereits wiederholt. Und sind weder emotional aufregend, noch irgendwie slashtastic, noch nicht einmal etwas anderes.
Ich mag auch Jeremy Sisto, aber was soll ich mit Law and Order?
Worauf kann sich der gemeine Zuschauer noch freuen, wenn Jack, Don und Nathan Petrelli in Rente gehen?
Dexter ist etwas Feines, läuft aber ebenfalls nur kurz, wenn es überhaupt läuft. Battlestar Galactica vermute ich fast am Ende, zumindest sah die letzte Folge sehr nach Finale aus.
Und ansonsten wirft man uns mit Wiederholungen zu.
Ist es ein Wunder, wenn der Mensch dann durchdreht und zu verzweifelten Taten schreitet? Wie zum Beispiel Lesen?
Ich gebe es zu, es ist vollbracht. Die Twilight Bücher sind überwunden. Es war ein harter Kampf, Blut, Schweiß und Tränen sind geflossen, aber ich hielt durch. Selbstverständlich ging es nicht ohne Opfer ab. Einige Gehirnzellen sind gestorben, und ich habe nicht mehr so viele davon, aber das war es wert. Rede ich mir zumindest ein.
Immerhin weiß ich jetzt, worum es geht. Ich lernte Jacob kennen und lieben, ich litt unter dem permanenten betörenden Duft Edwards und kämpfte todesmutig gegen die ständige Übelkeit an, die seine goldenen Augen in mir auslösten. Auch seine steinharte, kalte Brust konnte ich nur bis zu einem gewissen Grade ertragen, die Anmut seiner Bewegungen brachte mich zum Äußersten und die glockenklare Stimme … entschuldigt, da kommt mir das Frühstück wieder hoch.
Was alles natürlich nichts bedeutete im Vergleich zur Hochzeit. So schlecht war mir selten. Auch wenn die Abschlussfeier bereits einiges anrichtete. Aber das Kleid von Anne auf Green Gables? Die arme Anne – wenn sie das gewusst hätte.
Nicht schlecht auch Bellas intelligent sensible Annäherung an den armen Jacob. Ich finde ebenfalls, dass man dem Mann, der unsterblich in einen verliebt ist, haarklein von seinen intimsten Plänen mit dem Angebeteten berichten sollte. Das mach ich auch immer.
Überhaupt – Jacob war es natürlich, der mich bei der Stange hielt. Man musste einfach erfahren, was aus dem armen Kerl wird. Und wünscht sich dann, dass man nie davon gehört hätte.
Jetzt ist er schon mehr als gestraft und dann prägen sie ihn auf ein Baby mit Namen Renesmee? Bitte? Mein persönlicher Vorschlag bestünde ja darin, dass die Jungs Bella mal zur Abwechslung sich selbst betören lassen und auf ein nettes Stelldichein im Wald begeben.
Jacob verkraftet dieses Übermaß an Perfektion vielleicht. Und Edward freut sich, mal etwas Handfestes im Arm zu halten. Wie einen Gestaltwandler.

Auch sehr interessant. Wie wir alle wissen, spielen Gestaltwandler eine große Rolle in verschiedenen indianischen Mythologien. Offenbar hat eine nette Seele die Autorin daran erinnert, bevor sie sich noch weiter an Werwölfen vergeht und dadurch unbeliebt macht.
Wobei mir auch einfällt – so nett und süß das Reservat auch ist, es bleibt ein Reservat. Und sagen wir es mal so: jeden Winter bekomme ich aus verschiedenen Reservaten Aufrufe, Bitten, die nicht mehr beinhalten, als den bescheidenen Wunsch nach etwas Heizmaterial, einer Chance nicht zu erfrieren, einer winzigen Verbesserung betreffend der bitteren Armut, die in vielen Reservaten alltäglich ist, wenn auch Amerika natürlich nicht damit hausieren geht.
Gegenüber den betörend reichen Vampiren, die anscheinend unter jedem Teppich ein Bündel Geldscheine liegen haben, können Amerikanische Ureinwohner selbstverständlich immer mit ihren uralten Legenden und mystischer Weisheit punkten. Wie im richtigen Leben können sie sich allerdings davon auch nichts kaufen.
Und dann reißt sich Jacob aus unerfindlichen Gründen auch noch ein Bein nach dem anderen aus und alles für die göttergleichen Vampire? Um dann auf ein Baby … also ich kann es nicht fassen. Abgesehen von dem leicht merkwürdigen Beigeschmack dieser Geschichte.
Fassen wir zusammen: Die Werwölfe/Gestaltwandler/Amerikanischen Ureinwohner werden allesamt durchgehend verarscht.
Dagegen verdienen sich die Weißnasen, also die Engelsgestalten, die weißer sind als weiß und hin und wieder sogar glitzern, das ewige Glück. Hauptsächlich dadurch, dass sie nichts tun. Also nichts Sinnvolles. Außer zu betören.
Dann ist da noch Carlisle, der hin und wieder den Onkel Doktor spielt. Aber wie wurden meine Illusionen zerstört, als ich neugierig auf Robert Downey Jr. und Mickey Rourke wartete, aber auf der Leinwand stattdessen eine extrem hässlich blondierte, weiß gepuderte Figur auftauchte, die – laut kundiger Stimmen – Carlisle verkörpern sollte.
Nun hatte ich mich ja schon daran gewöhnt, dass Edward wohl der am wenigsten betörende Typ ist, der mir jemals unter die Augen kam. Aber diese Figur schlägt ihn um Längen.
Da müssen Jacob und Sam wirklich oft ihr Hemd ausziehen, um mich über den Anblick hinwegzutrösten.
Andererseits sollte ich mir den Kunstgenuss vielleicht besser ersparen. Allein die Vorstellung, goldene Augen auch auf der großen Leinwand sehen zu müssen, begrüßt mein Abendessen.
Ganz im Ernst – nach dieser Twilight Tortur bin ich sehr skeptisch, ob ich mir die Vampire Diaries Bücher antun soll. Vor allem, da ich mir ohnehin vorgenommen hatte, keine Übersetzungen mehr zu lesen. Sind die furchtbar oder sind die furchtbar? Im Original auch so schlimm oder geringfügig besser?
Alles, was auf der Bestsellerliste steht, liest sich ungefähr so holprig, wie das, was ich den lieben langen Tag verfasse. Und mein eigenes Geschriebenes lese ich doch auch nicht, kommt überhaupt nicht in Frage.
Vom Albtraum, den die wundervollen Vampire und die geplagten Ureinwohner des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten darstellen, zum Kern des Ganzen.
Zu Bella. Geht es nur mir so, oder möchte man ihr am liebsten ihr Glück aus dem Gesicht schlagen? Wiederholt. Macht ihr ja nichts aus, denn jetzt ist sie unzerstörbar … außer es sorgt für ein wenig Spannung. Dann machen wir eine oder mehrere Ausnahmen.
Sie kann ja so dusselig sein, wie sie will, die Emanzipations-Bewegung um Jahrtausende zurückwerfen und sich bis in alle Ewigkeit mit Edward langweilen, aber trotzdem wünschte ich doch, das Mädchen schalte hin und wieder ihr Gehirn ein. Andererseits, dann erkennt sie vielleicht, welch eine Pfeife ihr Vampir ist und bereut die ganzen Umstände. Obwohl zwei Tage in höllischen Schmerzen zu verbringen als Preis für ewiges, glückliches Leben doch ein bisschen wenig ist. Ich glaube, wir alle haben schon mal Tage in höllischen Schmerzen verbracht. Und wo bleibt unsere Belohnung?

Führt mich zu der ganz anderen Frage, die ich fast vergessen oder besser gesagt, mühsam verdrängt hatte.
Man erinnere sich an Buffy und daran wie die Kritiker die Metapher liebten, mit der ihr erstes Mal umrissen wurde. Angeblich verdeutlichte Angels Seelenverlust die unvermeidliche Wandlung des Partners am Morgen danach. Es geht wohl nicht anders, als das dieser sich, sobald er sein Vergnügen hatte, als Mistkerl entpuppt, beziehungsweise seine Seele verliert und loszieht, um sich mit Spike und Drusilla zu verbünden.
Wie dem auch sei – Twilight fasst die Sache ein wenig anders auf.
Lassen wir den ganzen Vampir-Quark weg, dann bleibt, dass Bella sich – was an sich recht vernünftig von ihr ist, wenn schon sonst nichts – vor ihrer Verwandlung in eine Frau durch Edward, das unbekannte Wesen, fürchtet. Ausgesprochen nachvollziehbar. Wer weiß schon, was derjenige welcher so anzustellen imstande ist. Edward beißt in Kissen und zerlegt Möbel, andere verhalten sich vielleicht schlimmer.
Mir persönlich kam es so vor, als zwänge Bella sich zu dem Schritt. Abgesehen davon, dass sie die ultimative Liebe wollte oder der Himmel weiß, was für einen Blödsinn, es ging ihr gewiss nicht anders als den zahllosen Frauen vergangener Jahrhunderte, die von ihren Familien verheiratet wurden und mit unklaren Beschreibungen und Anweisungen in die Hochzeitsnacht entlassen wurden. Passiert heute in vielen Teilen der Welt auch noch.
Nur hier nicht. Hier brauchen wir einen Vampir dazu. Und eine Art von Besessenheit, den pubertierende Kinder leider nur allzu gut verstehen.
Dass Bella dämlich ist, wissen wir alle, also soll sie doch, wenn sie es unbedingt haben muss. Oder nicht? Ist nämlich so, dass das Mädchen von heute auch irgendwann vor der Frage steht, ob sie, wann sie und mit wem. Und definitiv weiß sie auch nicht, wie ihr geschieht. In den meisten Fällen zumindest. Da geht nur Augen zu und durch. Und sich möglichst viel Romantik einreden, wenn man so will. Sich zu nichts zwingen wäre vermutlich auch nicht schlecht.
Klar, ich denke kompliziert und um viele, viele Ecken. Es bleibt ein privater Schritt und für ein Mädchen immer gefährlich. Selbst wenn sie sich nicht selbst zu suggerieren sucht, dass ihr persönlicher Edward die Krönung aller Gefühle auf sie loslässt. Zum Beispiel könnte es doch sein, dass ein Mädchen sich selbst davon überzeugt, dass die winzige Gefahr – sagen wir mal, es ohne Kondom zu tun – lange nicht mit dem Risiko vergleichbar ist, das Bella auf sich nimmt.
Also gut – ich gebe es zu, ich war auch mal ein Mädchen und hab mir eine Menge Zeug eingeredet.
Aber Bella, die trotz blauer Flecken noch zutiefst beglückt ist und ihren komischen gewalttätigen Freund tröstet, vermittelt mir alle Arten merkwürdiger Assoziationen. Sie macht mich schlicht fertig.
Ganz zu schweigen davon, dass sie – wie die Bibel es so gern hat – natürlich auch umgehend schwanger wird. Und selbstredend ihre Mutterliebe über alles stellt, ihr Leben für Edwards Klon zu opfern bereit ist, und der Himmel weiß, welche braven-Mädchen-Dinge sie sonst noch getrieben hat, die mir vor lauter Schreck entgangen sind.
Bella opfert sich also auf – ganz klar – wer würde das nicht tun? Allerdings ist sie auch nur ein paar Tage schwanger. Da hält sich mein Mitleid gleich wieder in Grenzen. Vor allem, wenn ihr braver Werwolf wieder auftaucht und dummerweise Edward nicht in der Luft zerfetzt.
Wir bleiben noch biblisch und der Lebenskreis darf sich schließen, während Bella unter Schmerzen, wie einst Eva, ihre monströse – ich meine natürlich – ihre anbetungswürdige Brut wirft.
Was mich wieder zurückführt zur Quelle meines Unmutes, den schweren Verlusten, die uns zugemutet werden. Dagegen sind Bellas lächerliche Rippenbrüche gar nichts. Oder ihre zeitlich doch auch recht beschränkte Verwandlung.
Wo sie nun auch verwandelt werden darf. Zum einen gibt es keinen Ausweg, nicht einmal Jesus sieht einen. Zum anderen hat sie ihre Pflichten als Mensch erfüllt. Sie war auf der Highschool, hat geheiratet und ein Kind gekriegt. Das dürfte ausreichen. Und dann gibt sie ja auch nur ihren weichlichen, sterblichen Körper, alle Schmerzen, ihre gesamten Schwächen und alles Leid der Welt auf. Wenn ich das richtig sehe, behält sie sogar ihre Seele und sollten die Vampire vielleicht doch einmal verscheiden, dann kommen sie vermutlich in den Himmel und nehmen den Gestaltwandlern dort auch den Platz weg.
Da bin ich schon wieder bei einer Tragödie und somit zurück zum Leid und dem Verlust, dem schmerzhaften Einstellen all meiner Lieblingsserien.
Ich fühle mich wie Bella, als ihr engelsgleicher Angebeteter für einen viel zu kurzen Moment so raffiniert war, sie zufrieden zulassen. Nur dass ihr unendlicher Schmerz, das Loch in ihrem Herzen nichts ist gegen die Qualen, die unsereiner so durchmacht. Schließlich wurden uns die Petrelli-Brüder für immer und ewig genommen. Wir können ihnen nicht einmal zu den Volturi hinterherlaufen, wo sie sich ihre Hemden vom Leibe reißen und dann glitzernd ins Rampenlicht treten. Nein, sie sind einfach weg. Keine tiefen Blicke, keine anstößigen Umarmungen in aller Öffentlichkeit, noch nicht einmal der Gedanke daran.
Aber nicht nur die hübschesten aller Brüder werden uns brutal vom Herzen gerissen.
Die glückliche Familie-Eppes und ihr unnachahmliches Talent, merkwürdige Berechnungen anzustellen – verschwunden. Die Harmonie, das zwangsläufig auftretende Happy-End, die gutaussehenden, wenngleich gottseidank nicht engelsgleichen Protagonisten ( Man stelle sich vor – attraktive, selbstbewusste, weibliche Darstellerinnen, die nicht blond sind – ungeheuer ) – allesamt in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Nicht zu vergessen, die ersten Opfer, die durch die gewaltige Bruderslash-Welle mitgerissen wurden: Der schöne Don, mit den Jahren immer hübscher, und der süße Charlie mit den weichen Locken. Letzteren möchte frau doch nur durchknuddeln und dann ins Regel stellen. Er kriegt auch eine Tafel und Kreide, falls er sich langweilt.
Aber nicht nur die Masse an dunkelhaarigen, inzestuösen Brüdern reißt man mir vom Herzen.
Auch mein Lieblings-Agent, gewalttätig, schießwütig und insgesamt absolut durchgeknallt – entschied sich, die Flinte ins Korn zu werden. Und das allem Anschein nach noch bevor er sich mit seinem geliebten Tony aussprechen konnte. Ganz zu schweigen von Chase, der arme verlassene Junge, der jetzt zusehen muss, wie Kim sich mit gutherzigen Vampiren aus wildfremden Serien abgibt. Ich frage mich ernsthaft, was einen Salvatore in 24 treibt. Andererseits – die ganze Zeit Tierblut trinken – und dann ist Damon auch noch immer so gemein zu ihm.
Da bezweifle nochmal jemand, dass auch in meiner Brust ein Riesenloch klafft. Oder in meinem Magen, ich war nie so gut darin, mich selbst zu diagnostizieren. Auf jeden Fall handelt es sich eindeutig um genau den zerstörerischen Schmerz, der auch Bella Gefahr laufen lässt, auseinander zu bröckeln.
Wahrscheinlich hat man ihr auch ihre Serien genommen. Und jetzt zerfließt die Haut, fallen die Haare aus und von früh bis spät müssen wir uns an uns selbst festhalten, um nicht auseinanderzubrechen.
Aber ich hab nicht mal einen Werwolf. Wo ist der riesengroße, angenehm warme Gestaltwandler, an den ich mich kuscheln kann? Er sollte aber schon sehr riesig sein, da alle von Heroes und Numb3rs und Jack verlassenen dringender Hilfe bedürfen.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich nicht so enthusiastisch meinen hauswirtschaftlichen Arbeiten nachgehe, wie Bella es gewohnt ist. Das gute Kind muss ja belohnt werden, kennen wir doch aus Märchen. Die guten, fleißigen und gehorsamen bekommen am Ende den Prinzen, wahlweise den göttergleichen Vampir.
Davon abgesehen, dass ich mich immer noch frage, wie ihr Vater die langen Jahre überleben konnte, die sie nicht bei ihm wohnte, da er ja offenkundig weder zum Kochen noch zum Putzen in der Lage ist. Nur so lässt es sich erklären, dass Bella, wenn sie sich nicht gerade nach dem Einen und Einzigen verzehrt, rund um die Uhr damit beschäftigt ist, ihn zu bekochen und hinter ihm her zu wischen. Kein Wunder, dass sie keine Zeit für ein eigenes Leben hat. Für Pläne oder altmodische Begriffe wie Selbstverwirklichung. Oder sagen wir es doch gleich: für einen Beruf?
Kommt gar nicht in Frage, denn sobald Edward auch nur für eine halbe Sekunde aus ihrem Gesichtskreis entschwindet, klammert sie sich umgehend an Jacob und ihre Vorstellung vom Hausfrauendasein im Reservat. Interessant, dass sie sich für die irrsinnig reichen und überhaupt alles übertreffenden Unsterblichen entscheidet. Was sie natürlich nicht tut. Es handelt sich eher um höhere Bestimmung, Magie und den Hauch von Fantasy, mit dem wir den Heimatroman aufpeppen.
Denn natürlich ist auch wieder mal alles meine Schuld. Hätte ich vorgebaut, ausgiebig trainiert, dann träfen mich Bella und Ed nicht so ins Mark. Mein Fehler, hab ich doch nie einen Heimatroman, Arztroman oder etwas in Heftchen Verfügbares studiert. Und wenn, dann wohl verdrängt. Das Resultat liegt darin, dass ich so nie eine Toleranz aufbauen konnte.
Man warf mich direkt vom Aschenputtel zu Bella. Und Aschenputtel, so hab ich mir sagen lassen, war wenigstens mutig und kreativ. Schließlich ging sie zum Ball, machte sich hübsch, tanzte freiwillig. Also so schlecht ist Bella nicht. Sie macht sich immerhin auf und geht zu den Vampiren, aus welchen Gründen auch immer. Was kann sie dafür, dass sie Jacob das Herzblut aussaugt und ihn dann auch noch auf ihr Baby … ürgh.
Egal, ich weiß wie es gemeint ist. Und Frau Meyers macht das sehr niedlich. Versöhnt hat mich wirklich die Passage aus der Sicht Jacobs. Die verlief so völlig ohne Betörung. Nicht einmal goldene Augen oder süßliche Düfte zerrten an den Nerven. Wenn Bella etwas mehr von Jacob hätte … aber da bin ich schon wieder bei Jacob/Edward. Eigentlich ist es egal, Jacob kann sich mit jedem paaren. Zumal ich, obwohl ich kürzlich über eine geheimnisvolle DVD mit dem Titel Robmania gestoßen bin, die offenbar zum Thema hatte, wer sich wie oder warum in Edward verliebt, nicht so recht das Verständnis für seine Schönheit aufbringe. Und wie Jacob in Wirklichkeit – also im Film – aussieht, vergesse ich immer. Im Buch ist er wenigstens riesengroß, stark, ewig jung und wer ihn hat, braucht nie wieder eine Wärmeflasche.
Was mich schon wieder an den brennenden Schmerz, also das Loch in meinem Magen, die Qual in meinen Eingeweiden … eben die unaussprechlichen Verluste erinnert, die das Schicksal bereithält. Es fehlt eindeutig an der perfekten Serie, die vorzugsweise nur dunkelhaarige Darsteller beschäftigt, denen das Haare-Schneiden untersagt ist. Es sei denn, sie schneiden sie sich gegenseitig, im Rahmen eines gemeinsamen Schaumbades, vor laufender Kamera. Natürlich ist Drama Voraussetzung, das heißt, es könnte sich bei ihnen – bin ich mal kreativ – um Brüder handeln, die unsterblich ineinander verliebt sind, gleichzeitig die Welt retten, das Böse bekämpfen, als Undercover-Agenten düstere Abgründe erforschen und hin und wieder schwer verletzt werden. Damit der andere sie dann trösten und wieder aufpäppeln kann, während sie sich mit ihrer Schuld und Sündhaftigkeit quälen.
Ist doch ganz einfach – warum dreht niemand so eine Serie?
Mal überlegen, ob es mir jetzt schon besser geht:
Frust – erstmal abgehakt
Twilight-Irritation – behandelt
Unerfüllbare Wünsche – ans Universum gerichtet.

Und nun spiele ich ernsthaft mit dem Gedanken, mich mit Gilmore Girls zu trösten, der Serie, die mich erst recht wahnsinnig macht. Das nur, weil ich Scott Patterson, alias den lieblich grantigen Luke Danes gerade in Saw IV gesehen habe.
Meine masochistische Ader zwingt mich leider nicht nur dazu, Twilight zu lesen, sondern auch zum Betrachten unendlich blutiger Horror-Streifen. Und Luke beim Durchwandeln finsterer fieser Kerker beweist wieder, welch hübsche Augen er besitzt. Sollte eigentlich reichen.
Außerdem tröstet es mich irgendwie zu sehen, in welche Abgründe es ihn ohne Jess treibt.
Oder das schwere Schicksal des zuletzt Erwähnten wirkt ausgleichend auf meine aufgewühlte Seele. Jess hatte es schließlich schon immer schwer. Vielleicht ist Edward mit Bella sogar noch besser dran, als er mit Rory. Vielleicht bin sogar ich besser dran – was mich allerdings auch nicht recht beruhigt.
Das mit dem Jammertal hatte ich schon …

also Schluss für den Moment.